2010

Denk-MAL-Prora e.V. hat einen Stein ins Rollen gebracht, der den Weg ebnet, welcher der realen Bedeutung des Ortes, seiner doppelten Vergangenheit, gerechter wird, als die bisherige Fokussierung auf die ,Nazi-Architektur’. Das alles geschah gegen ein Netzwerk des Verdrängens, das die Geschichte halbherzig unter eigener Deutungshoheit darstellen wollte. Dieser Kampf und die Bewahrung baulicher Zeitzeugnisse ist die eigentliche Leistung des
Denk-MAL-Prora e.V.

Januar                          
Auf der Homepage zum Jugendevent Prora10 wird auf unsere Bitte hin die nach wie vor unterschlagene Facette der Bausoldatengeschichte mit in die Beschreibung des historischen Ortes Prora aufgenommen. Denk-MAL-Prora bietet Prora-Zentrum e.V. die
Kooperation bei der Projektierung und konzeptionellen Ausformung des geplanten Bildungszentrums neben der Jugendherberge an, was die Landrätin in einem Schreiben aus der unteren Denkmalbehörde (!) begrüßt.

Februar
Inzwischen stimmt auch die Landesfachstelle für Gedenkstättenarbeit „Politische Memoriale“ mit einem Teil unserer Forderungen hinsichtlich des Erhaltes baulicher ᅵberreste überein. Allerdings kommt diese
Einschätzung für 2/3 des Standortes zu spät, da die Abrissarbeiten im Block täglich vorangehen und unser jahreslanges Fordern nach Unterschutzstellung verschiedener Ausstattungsstücke bzw. einer exakten Dokumentation der Räumlichkeiten abgeschmettert wurde.

Auch eine Erinnerungstafel an der ehemaligen Turnhalle wird von drei Instanzen (Stiftung Aufarbeitung SED-Diktatur, Politische Memoriale e.V., Landratsamt) mit drei unterschiedlichen Begründungen abgelehnt. Wir kommentieren das auf der Vereinshomepage.

Anfang Februar erreicht unser Verein die Absage des Unteren Denkmalbehörde (Landrätin!) bzgl. des Schutzes der Arrestzellen in der heutigen Rezeption zum Jugendzeltplatz, die in die spätere
Erinnerungs- und Bildungsarbeit einbezogen werden könnten.

März                    
Wir bedanken uns in einer Mail für das Schreiben der Landrätin und wünschen eine baldige Begegnungsrunde in Prora, um über die Rollenverteilung der Initiativen ins Gespräch zu kommen, in Hoffnung auf eine baldige
Zusammenarbeit. Mit Christian Schmidt arbeitet ein erster vor Ort tätiger Bausoldat (beschäftigt im Dokumentationszentrum Prora) im Denk-MAL-Prora e.V. mit.

April                      
Denk-MAL-Prora e.V. unterstützt die Bildungsarbeit des Jugendzeltplatzes wiederum mit kostenlosen Infobroschüren. Prora-Zentrum e.V. eröffnet die auf Homepage lange angekündigte Bausoldaten- Dauerausstellung des Prora-Zentrums – eine
Farce, für die Fördermittel verschwendet wurden. Es fehlen die Bezüge zu den authentischen Orten. Einzig ein Tagesablaufplan, erstellt von M. Bosch, ist als „Zeitzeugenbericht“ in dieser Ausstellung verankert, die mit ihren ca. sechs zum Teil sachlich erheblich fehlerhaften Texten sowie wenigen Dokumenten und Bildern (ohne einen einzigen Hinweis auf das Virtuelle Museum und die bis dahin entstandene Bausoldatenliteratur) nicht den Kriterien wissenschaftlicher Standards entspricht.

Währenddessen gehen die Entkernungsarbeiten in Block V voran. Und Prora-Zentrum gibt mit dem DJH eine Informationsbroschüre heraus, die das KdF-Bad mithilfe von Propagandabildern in Szene setzt und die Bausoldatenkaserne unterschlägt. Auch an dem Bauschild „Umbau ehemaliges KdF-Bad“ stört sich niemand öffentlich.

Mai              
Der neue Zeltplatzleiter Herr Ahnfeld strebt aufgrund eines
Schreibens von Denk-MAL-Prora die Kooperation an, erwägt sogar den Beitritt und ist bereit, die denkmalpflegerisch nicht geschützten Arrestzellen zu bewahren sowie die Geschichte des Rezeptionsgebäudes (Wache) transparent zu machen. Teile des auf unseren Antrag hin geretteten Kasernentores sollen in die Bildungsarbeit integriert werden.

Fast gleichzeitig kündigt jedoch die Vorsitzendes des DJH- Landesverbandes die im August 2009 vereinbarte Kooperation auf und verweist Denk-MAL-Prora e.V. mit seinen Bildungsbausteinen (Andreas Kosmalla) an Prora-Zentrum e.V., mit dem bereits (ohne die bevorstehende Ausschreibung abzuwarten) ein Exklusivkooperationsvertrag bestehe und das die Geschichte nachhaltig aufarbeite.

Juni              
Seit dem 27. April liegt die
Ausschreibung für das Bildungszentrum liegt vor. Sie trifft unseren Verein wie auch den Bewerber „Dokumentationszentrum Prora“ überraschend, da zuvor Gespräche mit den Bildungsinitiativen vor Ort geführt werden sollten, auf die verzichtet wurde. Der Ausschreibungstext bezieht sich allein auf die KdF-Bauphase und ignoriert damit wiederum die vierzigjährige Nutzungsgeschichte des Kasernenabschnittes, in dem sich der Klubraum befindet. Politischen Willen, DDR-Relikte zu erhalten, scheint es entgegen der Zusagen des Politischen Memoriale e.V. tatsächlich nicht zu geben. (Vgl. 23. April) Dass die DDR- und Nachwende- Geschichte im Bildungszentrum wenigstens zur Sprache gelangen soll, dürfen wir unseren jahrelangen Bemühungen zuschreiben.
Prora-Zentrum interessiert unsere Vorstellungen trotz Kooperation noch immer nicht; das „Dokumentationszentrum Prora“ strebt eine gemeinsame Bewerbung an. Diese stellt uns in Aussicht, eigenständig vor Ort aktiv werden zu können.

                                                                               22. Juni          
Trotzdem Denk-MAL-Prora e.V. dem Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung, Schwerin, eigene Vorstellungen über die Ausgestaltung des künftigen
Bildungszentrums Prora unterbreitet und bedauert, dass der jahrelang geforderte runde Tisch weder in Bezug auf den Bau der Jugendherberge noch im Vorfeld der Ausschreibung für die Bildungsstätte zustande gekommen ist und dabei eindringlich darum bittet, genau hinzuschauen, um welchen Ort es sich handelt, wird die Kuratoriumssitzung an einem Tag durchgepeitscht.

An der Entscheidung zugunsten des Prora-Zentrum e.V. ist nur die Hälfte der 12 Kuratoriumsmitglieder erschienen, zudem soll die Entscheidung unter hohem Druck herbeigerufen worden sein. Ein dem Kuratoriumsvorsitzenden Prof. Buchstein zuvor übersandtes 
eindringliches Schreiben mit Bitte um genaue Prüfung der Situation wird ignoriert. Mit dem Ort, über den die Mitglieder abstimmten, haben sie sich nicht eingehend befasst, geschweige denn ihn besichtigt.

29. Juni              
Unterbreitung von
Vorschlägen für den bevorstehenden Umbau im Bereich des Bildungszentrums.

28. August                  
Aufgrund der Entwicklungen und den vielen Letters of Intent zugunsten des Prora-Zentrum e.V. (
Absender hier), dessen Politik wir seit drei Jahren mehrfach öffentlich hinterfragen mussten und der an unserer Arbeit unbeschadet solch offensichtliches Desinteresse zeigen darf, leitet der Vorstand die Auflösung des gemeinnützigen Denk-MAL-Prora zum 3. Oktober 2010 ein. Während das Land MV auf bürgerschaftliches Engagement offenbar verzichten kann, möchte Denk-MAL-Prora halbherzige Zugeständnisse des Prora-Zentrum e.V. nicht dulden: Seit geraumer Zeit ist es eine Taktik des  Prora- Zentrum e.V.,  Zeitzeugen unseres Vereins am Vorstand vorbei für die eigene Arbeit
abzuwerben.

 

DAS TAFELVERBOT:

31.08. Herr Ahnfeld, der sich für eine Erinnerungstafel am Mehrzweckgebäude ausgesprochen hat, möchte sich für uns verwenden und spricht mit der Vorstandsvorsitzenden des DJH Löhnert über unseren Plan.

01.09. Wir erhalten eine Absage von Frau Löhnert, die unter Berufung auf die Landrätin, mit einer Verwaltungsvorschrift hantiert.

06.09. Wir widerlegen diese Vorschrift und teilen mit, dass der Anbringung mit den Herbergseltern damit nichts im Wege steht.

07.09. Die Landrätin mailt uns persönlich, die Anbringung könne dennoch nicht erfolgen, wegen der Bauarbeiten am Block. Die Tafel solle im Prora-Zentrum unterkommen. Wir weisen darauf hin, dass die Tafel für den öffentlichen Raum und für die Mehrzweckhalle bestimmt sei, sie werde den Bauablauf nicht stören.

09.09. Herr Ahnfeld, der mit uns kooperieren wollte und im Bereich der Rezeption viel investiert hat, soll die Tätigkeit in Prora niederlegen. Aufgrund dieser Entwicklung wird er auch die Tafel nicht mehr mit uns anbringen. Damit müssen wir auch das gerettete Tor und die Arrestzellen verloren geben und bitten Frau Löhnert um eine Stellungnahme. Keine Antwort.

13. September
Hilferuf des Vereins über ganz Deutschland hinweg wegen der Verhinderung der Erinnerungstafel an der Mehrweckhalle des Jugendzeltplatzes. Die Entwicklungen entlarven die Erinnerungskultur endgültig als eine, die nur zum Schein an der Geschichte der Bausoldaten als Teil der Oppositionsbewegung der DDR interessiert ist und diese abstrakt hinter geschlossenen Wänden, im „KdF-Bad“ jedoch nicht öffentlich zeigen möchte. Die weiteren Vorgänge erweisen sich als einer Demokratie unwürdig:

23.09. Hilferufe an Gedenkstätten außerhalb MV und Fraktionsvorsitzende des Kreistages Rügen etc., auch an Dr. Hubertus Knabe, der eine Anfrage an Minister Tesch richtet. Landrätin Kerstin Kassner vertröstet die von uns angerufenen Fraktionsvorsitzenden wiederum mit der von uns längst widerlegten Verwaltungsvorschrift. Damit versucht sie das Engagement des Kreistages zu bremsen. Eine weitere Begründung der Verhinderung: Unseren Verein gäbe es ja nun nicht mehr.

28.09. Schreiben aus der Unteren Denkmalbehörde, demzufolge zur versprochenen Dokumentation der Graffiti im Block V keine Angaben möglich sind, da „die DDR-zeitlichen Relikte im KdF-Komplex nicht Bestandteil des Denkmalschutzes geworden sind“.

14.10. „Monsterhaus macht Staat“.  Link dazu

21.10. Die Verhinderung der Erinnerungstafel sorgt für Diskussionen am Rande der Jubiläen 20 Jahre demokratischer Land- und Kreistag in Schwerin und auf Rügen. Danach wird die Anbringung der Tafel von allen Beteiligten begrüßt. Eilig haben sie es nicht. Wir drängen aus schlechten Erfahrungen und guten Gründen auf die Anbringung noch in diesem Jahr. 

3. November
Die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP zum Umgang mit den ehemaligen Proraer Bausoldaten bestätigt: Im Rahmen der Konzepterstellung für die Jugendherberge hat sich niemand mit der DDR-Geschichte Proras auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang wird erstmals die Arbeit des Denk-MAL-Prora e.V. gewürdigt.

                                                       22. November
Nachdem viele Engagierte in Staat und Kirche bei Land und Landkreis vorstellig geworden sind, darf die Erinnerungstafel in Prora angebracht werden - mit eigenem Mörtel und Gerät (besonderer Dank an T. Bemmann). Hilfestellung gibt ein Mitarbeiter des Prora-Zentrum e.V., was wir als ein Zeichen der Versöhnung werten. Es entsteht eine erste konstruktive Gesprächsrunde in Prora mit Vertretern von DJH, Land und Landkreis. Gleichzeitig wird die frühere Stasi-Tätigkeit eines Kuratoriumsmitgliedes der Landeszentrale für politische Bildung aufgedeckt!
 

 

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